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Helge Schneider im TNI Promi-Talk

Helge Schneider: „Das Spiel ist aus!“

Helge Schneider benötigt keine KI, um schreiend komische Romane zu erfinden. Seine dystopische Satire „Stepptanz. Kommissar Schneider versteht die Welt nicht mehr.“ beschreibt ein Ruhrgebiet der Zukunft. Der schrullige Kommissar Yves Schneider ist einem Serienmörder auf der Spur, der neuartige Wesen erschafft. Jedwede Ähnlichkeit zwischen dem Ermittler und dem Musikclown Schneider ist rein zufällig beabsichtigt. Im THE NEW INSIDER Promi-Talk spricht Helge über seinen neuen Roman, Dystopie und hybride Lebewesen.

THE NEW INSIDER: Ihr Mordermittler Yves Schneider im neuen Buch „Stepptanz“, ist „einer der bedeutendsten Kriminologen unserer Zeit“ und arbeitet ausschließlich mit dem Gehirn. Warum betonen Sie das ausdrücklich?

Helge Schneider: Weil ich auf der Bühne auch mit dem Gehirn arbeite. Das kann KI nicht ersetzen, weil es viel zu subversiv ist. Die hybriden Menschen in dem Buch sind eine Metapher. Weil das Leben bereits heute künstlich verfeinert bzw. vereinfacht werden soll. Das ist ein Eingriff in den Humanismus. Neulich sah ich ein Foto vom Gesicht einer Schaufensterpuppe und die Elektronik dahinter. Das erinnerte mich sofort an meinen Roman.

Könnte der Kommissar nicht noch mehr Täter fassen, wenn er mit Künstlicher Intelligenz arbeiten würde?

Nein. Das menschliche Gehirn ist auf jeden Fall weiter im freien Denken als es KI je sein kann. Denn die künstliche Intelligenz wird immer wieder neu gefüttert von ganz normalen Menschen. Drohnen zum Beispiel können nur das erkennen, was sie vorher eingetrichtert bekommen haben. Es hat nichts mit Intelligenz zu tun.

Könnte KI einen Helge-Schneider-Roman schreiben, bei dem man oft um die Ecke denken muss?

Bitten Sie eine KI mal, „Katzeklo“ zu schreiben. Da kommt der letzte Scheiss bei raus! Aber die meisten Leute denken, dass KI das gut kann. Weil sie das überhaupt irgendwie macht. Ich glaube nicht, dass das Zukunft hat.

Zumindest nicht im Bereich der handgemachten Jazzmusik à la Helge Schneider.

Es hat Zukunft für die Leute, die daran glauben. Aber da kommt das Humane eigentlich nicht mehr vor, also an andere denken und für sie da sein. Die soziale Komponente findet bei KI gar nicht statt. Das ist wie petzen. Es hat nichts mit der Natur zu tun, dem Menschsein, dem ewigen Umdenken, dem Improvisieren. Ein Roboter ist blöd, ein dynamisches Menschsein wird so nicht erreicht. Andernfalls braucht man uns nicht mehr. Das Spiel ist aus! Das könnte übrigens eine Überschrift werden. Gestern habe ich mir im Fernsehen alte Folgen von „Schmidteinander“ und der „Otto Show“ angesehen. Auch dieses Spiel ist aus. Du kannst heute nicht mehr solche Witze machen wie damals. Alles wird mittlerweile beobachtet und alles könnte diskriminierend sein.

Shows von Otto Waalkes werden mittlerweile mit Warnhinweisen vor diskriminierenden Inhalten versehen.

Alles wird mit Warnungen versehen. Man sollte eigentlich wie meine Oma denken und alles essen, was hier vorne wachsen könnte. Meine Oma hat aus dem Grund nicht mal eine Banane gegessen, das Obst war ihr fremd. Aber ich esse ganz gern welche.

„Stepptanz. Kommissar Schneider versteht die Welt nicht mehr“ spielt in einer unbestimmten Zukunft, in der das LKA mit Gedankenlesern arbeitet. Sehen Sie die Entwicklung unserer Gesellschaft eher in Richtung Dystopie?

Ja, eher ungünstig. Der Gedankenleser ist auch wieder eine Metapher. Was denkt der jetzt über den und den? Heutzutage wird jedes Wort, was du sagst, beobachtet. Sagst du mal etwas Falsches, musst du wieder zurückrudern. Die Zeiten sind vorbei, wo man beispielsweise über Politik in der Kneipe am Stammtisch diskutiert und sich auch gestritten hat. Aber trotz unterschiedlicher Meinungen blieb man befreundet.

Befürchten Sie, dass wir Menschen eines Tages wirklich zu hybriden Lebewesen werden?

Der Mensch hat schon die Finger ausgestreckt hin zur Hybridität, indem er sein ganzes Wissen gar nicht mehr im Kopf, sondern in der Tasche mit sich herumschleppt. Schönheitseingriffe gehören mit dazu. Oder neue Nasen und Lippen. Wann kommt das neue Gehirn?

Sorgen Sie gesundheitlich vor?

Nein, ich bin lediglich krankenversichert und esse nicht zu viel.

Schöpfen Sie Ihre Leichtigkeit und Heiterkeit aus sich selbst oder aus Büchern, Filmen, Musik?

Diese Leichtigkeit kommt aus der Musik und überhaupt aus meinem Leben und meinem Beruf, der mir Spaß macht. Den glücklichen Moment muss es geben. Es wird ständig Angst und Schrecken verbreitet. Ich finde es gerade deshalb wichtig, in seinem eigenen Umfeld zu leben und sich zu unterhalten. Immer cool und locker bleiben, denn wir sind nicht auf die Welt gekommen, um Trübsal zu blasen. Wir sollten eher kreativ sein und machen.

Ist Freiheit das Schlüsselwort Ihres Lebens?

Auf jeden Fall. Die Freiheit ist das Erstrebenswerteste überhaupt.

Tickets für die große Helge Schneider-Deutschlandtour 2024 sind ab sofort an allen bekannten Vorverkaufsstellen erhältlich. Er gastiert u.a. in Münster, Lingen, Bielefeld und am 26.10.2024 auch in der OsnabrückHalle.

Das Interview wurde geführt von Olaf Neumann.